Madonnen suchen, Engel finden, Malen, Drucken und Entdecken —
das Diözesanmuseum als Erlebnisraum!
„Museum ist langweilig“, sagt Britta Schwemke, „das denken jedenfalls viele Schülerinnen und Schüler.“ Die Museumspädagogin hebt die Schultern und lächelt. „Dabei kann man ihnen sehr schnell zeigen, dass das hier ein toller Ort ist, voller interessanter Kunstwerke, die nur darauf warten, entdeckt zu werden und ihre Geschichten zu erzählen.“ Seit einem dreiviertel Jahr gehört die Fachfrau für Kunstvermittlung zum Team des Diözesanmuseums und bereitet sich gerade auf ihre erste große Sonderausstellung vor: „Peter Paul Rubens und der Barock im Norden“ (ab 29. Mai 2020).
Zwischen thronenden Madonnen, lächelnden Engeln, opulenten Gemälden und eindrucksvoller Schatzkunst erzählt Britta Schwemke, wie sie im Diözesanmuseum mit kleinen und großen Besucher/innen auf Entdeckungsreise geht. „Toll sind die Geschichten hinter den Werken. Um die zu erfahren, reichen die kleinen Infoschildchen neben den Objekten nicht aus“, erklärt sie. „Ich finde es am schönsten, wenn man im Museum wirklich aus dem Alltag aussteigen kann, überrascht wird, in eine andere Welt eintaucht, zufrieden und auch klüger nach Hause geht.“ Und so denkt sich Britta Schwemke immer neue „Entdeckungsreisen“ für große und kleine Besucher/innen des Diözesanmuseums aus.
Madonna und Drachentöter erzählen Geschichten
Ein besonderer Sympathieträger ist für Britta Schwemke die Figur des hl. Georg mit dem Drachen: „Die eignet sich hervorragend für die Vermittlung, denn es gibt
eine schöne Geschichte und eine tolle Skulptur. Sie erzählt eine spannende Rittergeschichte, aber noch spannender ist die Figur selbst: Was hielt dieser Ritter ursprünglich in seinen Händen? Kann man Farbreste entdecken? Und wer scheint den Kampf hier zu gewinnen? Auch bei unserem ‚After work chill out‘, dem abendlichen Zeichnen im Museum, ist der kleine Drache ein sehr beliebtes Motiv.“
Rubens!
Für die kommende große Rubens-Ausstellung hat sich Britta Schwemke gemeinsam mit dem Team des Diözesanmuseums ein vielfältiges Programm für alle ausgedacht: Das Museum als Erlebnisraum für Erwachsene, Jugendliche und Kinder, Einzelbesucher/innen, Gruppen, Schulklassen und Familien. Das Ausprobieren, Selbermachen und kreativ sein wird dabei groß geschrieben. „Es gibt viele Workshops — von Kalligraphie über Ölmalerei bis zum Drucken. Dabei haben wir bewusst Experten eingeladen, die diese Kurse leiten werden“, erklärt die Museumspädagogin.
Drucken und Malen — wie im Barock
So bietet beispielsweise der Künstler Friedrich Hokamp einen Tiefdruckkurs an: „Eingeritzt und abgedruckt“. Der Druck war das Medium mit dem sich die neuen
Bildideen, die Peter Paul Rubens für seine großformatigen Gemälde entwickelte, schnell in ganz Europa verbreiten ließen. Auch die Künstler Antonius und Ludovicus Willemssens werden mit solchen Vorlagen gearbeitet haben, als sie sich an der barocken Umgestaltung des Paderborner Doms beteiligten. Sie hatten ihr Handwerk in Antwerpen, im direkten Umfeld von Peter Paul Rubens erlernt.
Der barocken Farbenpracht der Rubens-Zeit will sich ein maltechnisches Experiment nähern: der zweiteilige Wochenendkurs „Aus der Farbe geboren“. Hier geht es um die Königsdisziplin, die „Ölmalerei“. In ihren Seminaren vermitteln der Künstler Bernd Ikemann und die Künstlerin Anja Hoinka Grundkenntnisse und es geht speziell um Rubens‘ Maltechnik.
Kunst und Krabbeldecke: Rubens, Baby!
„Ganz neu ist auch unser Angebot Rubens, Baby!“, erzählt Britta Schwemke. „Rubens war ja ein Familienmensch. Er hatte acht Kinder und einige verewigte er in seinen Bildern. Ein schöner Anlass, um auch einmal Eltern zusammen mit ihren Babys in die Ausstellung einzuladen.“ Das Format mit Kurzführungen zu unterschiedlichen Themen findet außerhalb der Öffnungszeiten statt. Krabbeldecken vorhanden!
„Wir haben viel vor“, sagt Britta Schwemke. „Und ich freue mich sehr auf meine erste große Sonderausstellung hier in Paderborn.“ Es wird verschiedene Themenführungen mit dem Rubens-Team geben, auch mit Restauratoren. Am 28. Juni feiert das Museum Rubens‘ Geburtstag mit einem großen Familienfest! Es gibt Sommerferienprogramme und für Schulklassen ist das Themenspektrum dieser Ausstellung besonders üppig – Barock eben. Genau wie der Workshop „Kunst beflügelt! Engel in der Ausstellung“ (geeignet für Grundschulen), den hat Britta Schwemke – allerdings ganz ohne barocke Kunst — bereits im letzten Jahr ausprobiert.
Einmal Engel sein …
„Engel sind multikulturell“, sagt die Museumspädagogin. „Es gibt sie auch im Judentum und im Islam. Wir sind mit einer internationalen Gruppe ins Museum gegangen und haben uns Engel-Skulpturen, Engel auf Gemälden, Engel als feine, kleine Goldschmiedearbeiten angeschaut. Dabei haben die Kinder schnell festgestellt, dass Engel nicht immer gleich aussehen, es gibt männliche, weibliche, Kinder und Erwachsene, welche mit langen und andere mit kurzen Haaren. Manche tragen ein langes, helles Gewand, andere haben bunte Flügel — diese Vielfalt war überraschend.“ Mit Wachsmalstiften malten die Kinder große, phantasievolle Flügel auf Tapetenbahnen, legten sich darauf und die Museumspädagogin zückte den Fotoapparat fürs Erinnerungsfoto …
Engel-Workshop, Fotos: Britta Schwemke
Britta Schwemke hat Kunstgeschichte in Münster und Düsseldorf studiert, zuletzt mit dem Schwerpunkt „Kunstvermittlung“. Nach der Ausbildung absolvierte sie ein wissenschaftliches Volontariat im Bereich der Museumspädagogik am Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig. Seit Mitte 2019 gehört sie zum Team des Diözesanmuseums Paderborn.
Autorin: Waltraud Murauer-Ziebach