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Wie Laser, Drohne und Touchscreen dabei helfen, Geheimnisse gotischer Baukunst zu lüften.

Drohne scannt Dom, Foto: Patrick Buhr/RMH-Media, Köln
Drohne scannt Dom, Foto: Patrick Buhr/RMH-Media, Köln

Drohne an Dom: „Mission Gotik. Erbitte Fotoerlaubnis.“

Der Szenograph Sina Mostafawy und das Team der Firma RMH-Media arbeiten mit Begeisterung und tollen Ideen an Animationen für die Ausstellung GOTIK. Der Paderborner Dom und die Baukultur des 13. Jahrhunderts in Europa (ab 21. Sept.). Dafür haben die Kölner Spezialisten kürzlich den Paderborner Dom mit Laser und Foto-Drohne gescannt.

Was macht die Faszination gotischer Architektur aus? Sind es die gigantischen Ausmaße der lichtdurchfluteten Kathedralen? Ist es das enorme Wissen, das die Bauhütten so sorgsam geheim hielten? Die Baumeister jener Zeit waren Visionäre, verwegene Statiker und erstklassige Mathematiker. Sie schufen den Spitzbogen, der ungeahnte Konstruktionen und bauliche Variationen ermöglichte. Charakteristisch sind auch Strebpfeiler, Kreuzrippengewölbe und das filigrane Maßwerk, mit dem die Steinmetze Fenster, Balustraden und „geöffnete“ Wände gestalteten. Das Maßwerk setzt sich aus variierbaren geometrischen Grundelementen zusammen und wurde zum wichtigsten Merkmal der Hoch- und Spätgotik. Zu den Hauptformen gehört der Dreipass – eine aus drei Zirkelschlägen (Pässen) geformte Struktur.

In der Ausstellung können die Besucher per Touchscreen die Formen der gotischen Bauweise erforschen. Wie bereits bei vergangenen Ausstellungen des Diözesanmuseums, sind der Szenograph Sina Mostafawy und sein Team wieder digital ins Thema eingetaucht.

Herr Mostafawy, was genau bereiten Sie für die Gotik-Ausstellung vor?

Zunächst wird gegenüber dem Eingang eine großformatige Projektion zu sehen sein. Sie besteht aus acht Animationen die aufeinanderfolgen – als Loop, also als Endlosschleife. Zunächst ist da eine dunkle, lebendig strukturierte Wandfläche, die nach und nach von flackerndem Licht erhellt wird. Es könnte Kerzenschein sein, eine fast mystische Atmosphäre entsteht. Dann verschwindet die Wand, ein mächtiger Kirchenraum öffnet sich und – anscheinend aus dessen Tiefe kommend — werden Linien sichtbar. Sie kreuzen sich, Kreise kommen hinzu, nach und nach entstehen die hochkomplexen, wunderschönen Formen eines gotischen Rosettenfensters, eines Dreipass- oder Zweipass-Maßwerks. Aus diesen sehr ästhetischen Ritzzeichnungen gehen wiederum die realen Objekte hervor, also die Fenster des Paderborner Doms.

Was hat es mit diesen Ritzzeichnungen auf sich?

Die Ritzzeichnungen wurden damals auf die Wände aufgebracht. Sie dienten als Entwurf für die Fenster, die dort entstehen sollten.

Sie haben mit komplexen technischen Verfahren den Dom gescannt. Warum?

Wenn man Gegenstände oder Gebäude modellieren will, kann man das heute recht einfach am Computer mit 3-D-Programmen tun. Aber wenn die Objekte sehr komplex sind, und es darauf ankommt, sie detailgenau wiederzugegeben, ist es sinnvoll, gescannte Daten zugrunde zu legen. Hier sind das Laserdaten und Drohnenfotos. Ich nehme dabei nicht nur einen Bildpunkt auf, sondern einen geometrischen Punkt im Raum. Auf der Grundlage solcher realen Daten entsteht dann das Modell, eine Rekonstruktion. Dafür braucht man eine Vorlage – wie beim Portraitzeichnen.

Neben der großformatigen Animation soll es auch interaktive Terminals geben?

Ja, das sind zwei Bildschirme, hochkant, quasi wie ein Blatt Pergament, das vor einem liegt. Mit Schiebereglern am unteren „Blattrand“ können sie hier sozusagen selbst zum Baumeister werden, Fensterformen entwerfen, Rosetten oder einfach ästhetisch schöne Fantasiegebilde. Die gotischen Formen basieren ja auf mathematischen Grundformen. Wenn man mit solchen geometrischen Elementen spielt, kann man am besten verstehen, wie damals gearbeitet wurde. An den Touchscreens können Sie digital Abstände verändern oder Radien. So entstehen immer neue Formen – Zweipass, Dreipass-Fenster oder auch ein Sechspass-Maßwerk. Hier kann die „Schönheit der Mathematik“ – wie Professor Stiegemann und ich das im Arbeitsprozess genannt haben – sichtbar werden.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Mostafawy.

 

Sina Mostafawy, Foto: Cross Culture Cologne
Sina Mostafawy, Foto: Cross Culture Cologne

Prof. Dr. Sina Mostafawy studierte technische Informatik, arbeitete und promovierte am Frauenhofer Institut und lehrt an der FH Düsseldorf Computergrafik und 3D-Animation. Auf dem Gebiet der Virtuell Reality gehört er zu den Pionieren in Deutschland. In Köln leitet er eine Firma, die in diesem Gebiet aktiv ist, RMH-Media. Sina Mostafawy arbeitet seit seiner Jugend künstlerisch. Das Schaffen von und arbeiten mit Bildern ist auch in der digitalen Welt für ihn zentral. „Wir freuen uns, dass uns das Diözesanmuseum schon seit einigen Jahren immer wieder einlädt, etwas für die großen Ausstellungen zu entwickeln. Wir haben zwar unterdessen einen kulturellen Arbeitsschwerpunkt, sind aber hauptsächlich im Messegeschäft und in der Werbung tätig. Die Aufgaben, die uns das Museum stellt, sind eine besondere Herausforderung. Alle sind begeistert und wollen unbedingt daran mitarbeiten.“

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