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  • Hans Krako, Dringenberg, 1625–1627
  • Silber und Bronze, feuervergoldet, gegossen, getrieben, graviert und punziert; über Holzkern aus Eiche − Deckel original, Schreinkasten erneuert, 2009–2011 umfassende konservatorische und restauratorische Maßnahmen
  • Paderborn, Hoher Dom St. Marien, St. Liborius und St. Kilian, Inv.-Nr. DS 1

Der vergoldete Silberschrein des hl. Liborius, geschaffen zur Aufnahme der Reliquien des hochverehrten Dom- und Bistumspatrons, nimmt unter den Schatzstücken des Paderborner Domes einen bevorzugten Platz ein. Im Jahre 836 war der Leib des hl. Liborius von Le Mans, wo er als Bischof im 4. Jh. wirkte und vor 397 gestorben ist, nach Paderborn überführt worden. Aus einer Schätzung goldener Gegenstände des Domes, aufgeschrieben im letzten Drittel des 11. Jhs, wissen wir, dass es damals bereits einen goldenen Schrein für das kostbarste Heiltum des Domes gab.

Mit der Besetzung des Hochstifts Paderborn und seiner Hauptstadt durch die Truppen des Herzogs Christian von Braunschweig (1599-1626) im Jahr 1622 erlebte das Land erstmals die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges, die in der Zerstörung des mittelalterlichen Liborius-Schreins und der Entführung der Reliquien des Dom- und Bistumspatrons ihren Höhepunkt fanden. Aus dem geraubten Kirchensilber ließ Christian die sog. Pfaffenfeindtaler prägen; zwei dieser Taler sind an der Stirnseite des Schreins zu sehen.

Der neue Schrein entstand als Stiftung des in Dringenberg residierenden Landdrosten Wilhelm von Westphalen und seiner Ehefrau Elisabeth von Loe und war fertig gestellt, als die 1622 entführten Reliquien nach fünfjähriger Odyssee am 31. Oktober 1627 wieder in Paderborn eintrafen. Die gravierten Ahnenwappen der Stifter – insgesamt 32 an der Zahl – erscheinen auf Medaillons zuseiten der Stifterinschrift und in der Sockelzone der Längsseiten.

Der Schrein ist ein Werk des Dringenberger Goldschmieds Hans Krako, der ihn auf der hinteren Schmalseite mit seiner Signatur versah: DISE · ARBEIT · HABE · ICH · HANS · KRAKO · ZVM · DRINGENBERGE · GEMACHG · VON · SOLGEN · DALER(N) · ALS · HIR · VNDEN · BI · GELACHT · SINDT · Ao 1627·. Teile des gegossenen und getriebenen Figurenschmucks entstanden vermutlich nach Modellen des Paderborner Dombildhauers Heinrich Gröninger.

Die altertümliche Grundform des Schreins als Haus mit Satteldach und Apostelstatuetten, eingestellt zwischen Säulen an den Längsseiten, wurde wohl dem 1622 untergegangenen mittelalterlichen Vorgänger nachgebildet. Auf den Dachschrägen zwischen Rundmedaillons mit den Reliefs der vier lateinischen Kirchenväter sind die beiden Dompatrone Liborius und Kilian liegend in der Art mittelalterlicher Grabbilder dargestellt. First und Traufenzone sind mit einer Vielzahl kleiner vollplastischer Heiligenfiguren besetzt. An den Ecken sitzen die vier Evangelisten. Die vordere Schmalseite zeigt in rundbogiger Nische die Darstellung des Kalvarienberges, im Giebelfeld darüber die thronende Muttergottes. Auf der rückwärtigen Schmalseite findet sich im Nischenfeld die Stifterinschrift, darüber eine vollplastisch gearbeitete Marienkrönung. Ist die Grundform auch altertümlich, so steht die reiche Dekoration mit von Schweifwerk umfangenen geflügelten Engelköpfchen, Muschelnischen und korinthischen Säulen ganz auf der Höhe der Zeit.

Die Reliquien des hl. Liborius befinden sich nicht im Schrein. Sie werden in einem kleinen Ebenholzkasten im Altar der Krypta des Domes aufbewahrt und nur zu den alljährlichen Liborifeierlichkeiten in den großen vergoldeten Silberschrein übertragen, dessen Erhebung und Aussetzung hinter dem Hochaltar Jahr für Jahr den großartigen Auftakt des Liborifestes bildet.

Libori-Schrein
Kreuzigungsdarstellung an Stirnseite

Fotos: Ansgar Hoffmann

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