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  • Meister der Braunschweiger Sippentafeln, um 1500/10
  • Holz, Malerei auf Kreidegrund mit Blattmetallauflage, parkettiert, verschiedene Überarbeitungen
  • Inv.-Nrn. M 849 Verkündigung und M 850 Geburt (Sammlung Thomée)

Die beiden Tafeln bildeten einst die Flügel eines Altarretabels – eines künstlerisch gestalteten Aufsatzes, der hinter oder über dem Altartisch aufgestellt wird.

Die linke Tafel zeigt Maria in einem durch Bücher als Studierzimmer charakterisierten Innenraum. Gerade noch in ein Manuskript vertieft, wendet sie ihr Haupt dem Erzengel Gabriel zu, der ihr verkündet, dass sie den Gottessohn gebären wird. Die Unterhaltung der beiden ist in lateinischer Sprache – fast wie in einem Comic – auf Schriftbändern dargestellt: Sei gegrüßet, Du Begnadete, der Herr ist mit Dir, wird Maria vom Engel angesprochen – der die Rechte im Segensgestus erhoben hat und in der Linken ein Zepter trägt. Maria hebt – scheu, erschrocken oder zustimmend? –  beide Hände vom Buch und antwortet: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie Du es gesagt hast.

Die rechte Tafel zeigt die Geburtsszene: Sie spielt sich in einem Stall in Bethlehem ab, hatten Maria und Josef doch in der Nacht der Geburt Jesu keine andere Unterkunft mehr finden können. Mutter, Ziehvater und ein Engel – anbetend – sowie Ochse und Esel umringen das gerade geborene Christuskind. Es lieg hier nicht, wie eigentlich üblich, in einer Krippe, sondern auf dem Stallboden. Vor der Kälte wird es durch das Stroh, aber besonders durch den untergelegten Mantel Mariens geschützt – dies auch ein sehr poetisches Zeichen der Zusammengehörigkeit beider. Der Stall scheint in den Ruinen eines verlassenen Hauses eingerichtet worden zu sein. Durch die zerfallenden Fenster hindurch sieht man die Hirten auf dem Felde, denen Engel gerade die Geburt Christi verkünden. Nicht ganz klar ist die Identifizierung weiterer abgebildeter Gestalten – bei der Frau im Hintergrund, die behänd einen Zaun übersteigt, könnte es sich um die in einigen Geburtsbeschreibungen genannte Hebamme handeln. Auch auf das düstere Schicksal des Neugeborenen spielt die Darstellung an: Eine kleine schwarze Eule sitzt – kaum sichtbar und einem Todesvogel gleich – in der dunklen Dachgaube des Stalles.

Der Name des Künstlers, der die beiden Altarflügel schuf, ist nicht bekannt. Sie gehören wohl in eine Gruppe ähnlicher Arbeiten, die aus dem Braunschweigischen Raum stammen. Zu dieser gehört auch ein Altar, der heute im Braunschweigischen Landesmuseum bewahrt ist und nach dem der Künstler „Meister der Braunschweiger Sippentafeln“ benannt wurde. Die Darstellung der Figuren – insbesondere die der Maria und des Engels – zeichnen sich durch eine große Grazilität und Feinheit aus. Die voluminösen Gewänder sind durch eine reiche Stofffülle und Plastizität geprägt.

Fotos: Ansgar Hoffmann

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