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Ein Blick auf die beeindruckende Sammlung des Diözesanmuseums Paderborn

Reliquienbüsten Heinrichs II. und Kunigundes, wohl Böhmen, um 1430/40, Diözesanmuseum Paderborn, ©Foto Diözesanmuseum
Reliquienbüsten Heinrichs II. und Kunigundes, um 1430/40, Diözesanmuseum Paderborn, ©Diözesanmuseum/A. Hoffmann

Kaiser Heinrich II. und Ehefrau Kunigunde sind gerade von einem „Gastspiel“ aus Basel ins Diözesanmuseum zurückgekehrt. Die beiden Reliquienbüsten aus dem 15. Jahrhundert waren drei Monate lang in der Ausstellung „Gold und Ruhm – Geschenke für die Ewigkeit“ zu sehen. Sie gehören unumstritten zu den Schätzen der Sammlung. So wie auch die Imad-Madonna (11. Jh.), eine der ältesten thronenden Madonnen in der abendländischen Kunst, der Tragaltar des Rogerus von Helmarshausen aus dem 12. Jahrhundert oder der barocke Libori-Festaltar.

„Gastspiel“ in Basel

„Wir haben ca. 12.000 Objekte und wenn wir alle kleinen Teile, wie Münzen und Gegenstände der religiösen Volkskunst, hinzuzählen sind es noch viel mehr“, sagt die Kunsthistorikerin Ursula Pütz, die gerade die kaiserlichen Reisenden in Basel abgeholt hat. Die Wissenschaftlerin hat die Reliquienbüsten als Kurierin begleitet. Eine wichtige Aufgabe, denn gerade bei so alten und wertvollen Exponaten muss bei Transport und Aufstellung vieles beachtet werden. Vor und nach der Reise wird der Zustand der Kunstwerke genauestens dokumentiert, unterwegs und am Ausstellungsort muss das Klima stimmen und auch das Licht, denn insbesondere bei alten Schriften kann eine zu intensive Beleuchtung Schäden verursachen.

Rettungsstation für christliche Kunst

Die Kunsthistorikerin Ursula Pütz gehört seit 1994 zum Team des Museums und kennt die umfangreiche Sammlung bestens. „Das Museum in dieser Form wurde 1913 gegründet, sozusagen als Sammelstelle für Objekte aus dem sakralen Bereich“, erklärt sie. „Wir verwahren und präsentieren Skulpturen vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert, Malerei, Goldschmiede- und Textilkunst, Handschriften und einen großen Bestand an Graphik. Die meisten Stücke kamen und kommen aus den Pfarrgemeinden hierher – als Dauerleihgaben.“ Das Diözesanmuseum sammelt also nicht nur Hochkunst, sondern auch volksfrommes Kunstgut, das oft erstaunliche Einblicke in regionale Traditionen gibt. Es ist eins der größten Diözesanmuseen in Deutschland und das älteste, denn bereits am 22. März 1853 genehmigte das Generalvikariat des Erzbistums Paderborn die „Errichtung eines Diöcesan-Museums kirchlicher Kunstgegenstände“ im ehemaligen Kapitelsaal der Busdorfkirche. Gedacht war an eine Art „Rettungsstation“ für christliche Kunstwerke. Man sammelte Objekte, die nicht mehr im kirchlichen Gebrauch, beschädigt oder gefährdet waren, sicherte sie und stellte sie aus. Die Idee war ambitioniert, aber das Vorhaben entwickelte sich schleppend und so wurde das Projekt „Diözesanmuseum“ schon ein paar Jahren später vorerst beendet.

Sicherheit für wertvolle Originale

„Jedes Diözesanmuseum hat ein Alleinstellungsmerkmal. Wir kommen aus einer Geschichte des Sammelns und Bewahrens“, erklärt Ursula Pütz. „Besonders in den 60er- und 70er-Jahren ist unser Bestand stark angewachsen, weil es damals vermehrt Diebstähle in Kirchen gab. Außerdem gehören zum Erzbistum Paderborn neben den Kirchen viele Kapellen, auch abgelegene Waldkapellen, zu denen früher Prozessionen führten, und die teilweise eine mittelalterliche

Hl. Dorothee, Johann Brabender, um 1540/50, Foto: Ansgar Hoffmann

Ausstattung hatten.“ So kamen häufig die Originale ins Museum und vor Ort stellte man Kopien oder Abgüsse auf. Das ist der Grund dafür, dass ein großer Teil der Sammlung aus Leihgaben besteht, die Eigentum der Pfarreien bleiben. Im Lauf der letzten 100 Jahre sind zusätzlich viele Objekte aus Nachlässen, Schenkungen und Ankäufen hinzugekommen.

Die Sammlung wächst immer weiter

Federführend beim Aufbau und der wissenschaftlichen Erschließung der Sammlung war Gründungsdirektor Alois Fuchs (1877-1971). Unter seiner Leitung gewann das Museum an Profil und Bedeutung. Ein Schwerpunkt seiner Sammeltätigkeit lag im Bereich der mittelalterlichen Skulptur und Schatzkunst.

Einen ganz außergewöhnlichen Neuzugang gab es 2016, als dem heutigen Direktor Christoph Stiegemann der Ankauf von herausragenden Werken des Münsteraner Bildhauers Johann Brabender gelang. Insbesondere eine Gruppe seiner schönen Sandsteinfiguren ergänzt die Skulpturensammlung des Hauses auf ideale Weise.

Begehrte Leihgaben

Das Diözesanmuseum hütet noch so manchen wenig bekannten Schatz und sicher auch Lieblingstücke…? „Ja, natürlich“, sagt Ursula Pütz.

Unterweisung Mariens,  Anfang 15. Jh., ehem. Zisterzienserkloster Paderborn, Foto: Ansgar Hoffmann

„Zum Beispiel die ‚Unterweisung Mariens‘, das ist ein wunderschönes Werk. Im März bringe ich es zur Ausstellung ‚Nonnen. Starke Frauen im Mittelalter‘ ins Landesmuseum Zürich.“ Die kleine Sandstein-Statue stammt aus dem frühen 15. Jahrhundert und gehörte zur Ausstattung des ehemaligen Paderborner Zisterzienserinnenklosters. Man sieht hier eine Szene, in der Mutter Anna ihrer Tochter Maria, der späteren Gottesmutter, das Lesen im Buch der Bücher, der Heiligen Schrift, beibringt. „Die Bildkomposition ist von großer Lebendigkeit“, beschreibt Ursula Pütz begeistert, „und sie gilt als eine der ersten Darstellungen pädagogischer Unterweisung überhaupt. Es ist bemerkenswert, wie widerspenstig hier das feste Material des Pergaments dargestellt wird. Man sieht, wie sich die Seiten des aufgeschlagenen Buches wölben, so wie es auch unsere Handschriften tun, wenn wir sie für die Präsentation in der Ausstellungsvitrine aufbinden. Das ist hier sehr schön dargestellt und auch die Neigung der Figuren zueinander ist besonders. Sie bilden quasi den Rahmen für die Heilige Schrift im Zentrum dieser Figurengruppe. Ich finde die Komposition einmalig.“

Kunsthistorikerin Ursula Pütz
Kunsthistorikerin Ursula Pütz in der Ausstellung

Ursula Pütz kümmert sich heute vorwiegend um die Sammlung, von der Pflege bis zur Inventarisierung. Sie war an rund 70 Ausstellungen im Diözesanmuseum und in verschiedenen Gemeinden des Erzbistums beteiligt. Kleine, feine Schauen mit mittelalterlichen Elfenbeinschnitzereien oder sakraler Glaskunst gehörten ebenso dazu, wie Präsentationen zeitgenössischer Werke und auch die ganz großen, internationalen Ausstellungen: 799 – Kunst und Kultur der Karolingerzeit (1999), Wunder Roms im Blick des Nordens (2017) oder die „Gotik-Ausstellung (2018/19). Immer sind besondere Stücke der eigenen Sammlung in diese Präsentationen integriert oder Besonderheiten der Region bilden Bezugspunkte zu den bedeutenden Leihgaben aus ganz Europa und Übersee. Seit mehr als zwei Jahrzehnten lenkt Direktor Christoph Stiegemann mit solchen Sonderausstellungen regelmäßig den Blick auf das Diözesanmuseum und seine Schätze, auf die Charakteristika das Erzbistums Paderborn, der Stadt und der Region.

Autorin: Waltraud Murauer-Ziebach

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