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Pamplona – Paderborn – und die Musik des Mittelalters

Foto: Capilla de Musica
Foto: Capilla de Musica

Zur festlichen Eröffnung unserer Ausstellung „GOTIK – Der Paderborner Dom und die Baukultur des 13. Jahrhunderts in Europa“ hat sich ganz besonderer Besuch angekündigt: 40 Sängerinnen und Sänger des Chores der Kathedrale von Pamplona kommen in ihre deutsche Partnerstadt Paderborn.

Im Hohen Dom werden sie am 21. September (zur Ausstellungseröffnung) und am 22. September (zur Eröffnung der Kirchenmusikalischen Festwoche) außergewöhnliche und selten zu hörende Musikstücke aus dem Mittelalter zu Gehör bringen. Das Instrumentalensemble der Kathedrale von Pamplona ist die älteste musikalische Institution Navarras. Das Dekret für die Gründung der Chantría mit einem ständigen Chor, die beide bis heute aktiv sind, geht auf das Jahr 1206 zurück.

Alle Mitglieder des Ensembles sind Laien, mit Ausnahme des Organisten und des Chorleiters, beide Kanoniker der Kathedrale. In den letzten Jahrzehnten hatten sie mehr als fünfzig Auftritten pro Jahr. Sie sangen und musizierten in den bedeutendsten Kathedralen und Konzerthäusern Spaniens, waren in vielen europäischen Ländern, in Israel, Palästina, Japan und auch in New York mit spanischer und navarrischer Musik zu hören.

Das Lied der Pilger

Foto: Capeila de Musica

In Paderborn wird der berühmte Chor aus Pamplona zu Beginn das „Dum pater familias“ singen. Nach der alten, einstimmigen Fassung aus dem Codex Calixtinus (12. Jh.) folgt eine heutige, vierstimmige und rhythmische Interpretation von Domkapellmeister und Chorleiter Prof. Aurelio Sagaseta Ariztegui. Sie soll ein Gefühl dafür vermitteln, wie es möglicherweise auf den Straßen einer mittelalterlichen Stadt geklungen haben mag. Schriftliche Überlieferungen dazu fehlen, die gibt es überwiegend für liturgische, später auch für höfische Musik. „Dum pater familias“ sei das Lied der Pilger gewesen, erklärt Sagaseta Ariztegui, jeder habe es früher in seiner eigenen Sprache gesungen, wenn er am Ziel der Wanderung angelangt war und vom Monte del Gozo aus erstmal die Kathedrale von Santiago erblickte. Und auch den Codex Calixtinus kannten wohl viele Pilger. Als eine der bekanntesten Schriftensammlungen für Wallfahrten zu Ehren des Heiligen Jakobus und diente er zum einen als Führer über den Camino Francés, die Hauptroute der Jakobs-Pilger nach Santiago de Compostela, enthielt aber auch die erste polyphone Musik Europas.

 Ein König als Troubadour

Heiliggrabreliquiar der Kathedrale von Pamplona, Paris, ca. 1255–1258 Domkapitel des Erzbistums von Pamplona (Cabildo de la Catedral de Pamplona)
Heiliggrabreliquiar der Kathedrale von Pamplona, Paris, ca. 1255–1258 Domkapitel des Erzbistums von Pamplona (Cabildo de la Catedral de Pamplona)

Auch Theobald I. (1234-1253), der König von Navarra, der in der Kathedrale von Pamplona begraben liegt, schrieb Lieder und Musik. Eines davon ist Teil des musikalischen Eröffnungsprogramms in Paderborn: „Seigneurs, sachiez“. Zwar übertrug Papst Gregor IX. dem König vertrauensvoll die Leitung des sechsten Kreuzzugs (1239-41), doch Theobald I. war als Troubadour deutlich erfolgreicher denn als Kämpfer, er hinterließ mehr als fünfzig schöne Musikstücke. Seine Hymne Seigneurs, sachiez, war ein in ganz Europa verbreiteter Aufruf, nach Jerusalem zu ziehen und „das Land Jesu zu befreien“.

Musik, Goldschmiedekunst und die deutsch-spanische Freundschaft

Mit „Vexilla Regis“ schließlich hat Aurelio Sagaseta Ariztegui ein Stück mit besonderem Bezug zur Paderborner Ausstellung ausgewählt. Es ist eine vierstimmige Polyphonie und die älteste, die in der Kathedrale von Pamplona erhalten ist. Dieser einzigartige mittelalterliche Gesang erzählt vom Kreuz als „einziger Hoffnung dieser Zeit“ und hat damit eine thematische Verbindung zum kunstvollen „Heilig Grab-Reliquiar“ aus dem Domschatz der Kathedrale von Pamplona, das in der Paderborner Ausstellung zu sehen ist.

Mittelalterliches Antiphonar (Codex Florenz), Paris, Werkstatt des Johannes Grusch, Mitte 13. Jh.
© Firenze, Biblioteca Medicea Laurenziana

Das Domkapitel der Kathedrale war sofort einverstanden, dieses kostbare Reliquiar nach Paderborn zu geben. Doch bevor es endgültig zugesagt werden konnte, mussten viele Verwaltungshürden überwunden, ja sogar die Einwilligung des Kulturministeriums in Madrid für die bevorstehende Ausreise eingeholt werden. Dass die herausragende Pariser Goldschmiedearbeit des 13. Jahrhunderts jetzt erstmals in Deutschland gezeigt werden kann, ist aber auch dem persönlichen Einsatz des langjährigen Präsidenten der Deutsch-Spanischen Gesellschaft Prof. Jesús Hernandesz Aristu zu verdanken. „Wir schätzen die deutschen Partner sehr“, sagte Aristu beim letzten Treffen mit den Ausstellungsmachern und betonte: „Ich komme seit vielen Jahren und immer wieder sehr gerne nach Paderborn.“

Musik in der Ausstellung

In der Gotik-Ausstellung spielt Musik auf verschiedene Weise eine wichtige Rolle. Es sind kostbare und bildreich gestaltete Schriften wie der Codex Florenz zu sehen, ein mittelalterliches Antiphonar (13. Jh.) mit den Themen „Musik des Weltalls“, „Musik des Menschen“ und „Musik der Instrumente“. Und außerdem gibt es eine umfangreiche Hörstation, denn die Geburtsstunde der abendländischen Mehrstimmigkeit fällt in die Epoche der Gotik.

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Im Rahmen der Kirchenmusikalischen Festwoche zum Domjubiläum (22. – 28.9.) wird es zwei öffentliche Auftritte der „Capilla de musica“ aus Pamplona geben:

Samstag, 22.9., 20 Uhr, Eröffnungskonzert – Klingender Dom
Chorkonzert im illuminierten Dom u.a. mit dem Städtischer Musikverein Paderborn, dem Motettenchor Paderborn, der Chorvereinigung St. Hedwig, der Capilla di Musica, Pamplona und der Mädchenkantorei am Paderborner Dom.
Eintritt frei

Sonntag 23.9., 10 Uhr, Kapitelsamt im Hohen Dom
mit der Capilla de Musica Pamplona

Der Chor des Domes aus Paderborns Partnerstadt singt spanische Chormusik aus der langen Tradition der dortigen Kathedralmusik. Es sind Werke von Miguel de Irizar, Juan G. Salazar und Tomas Luis de Victoria. Leitung: Domkapellmeister Aurelio Sagaseta Ariztegui, Pamplona

 

Text: W. Murauer-Ziebach

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