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  • Entwurf Hildegard Domizlaff (?); Ausführung Helen Wiehen, verheiratete Laschinsky, Köln (?), 1948
  • Seide; Stickerei: Baumwollgarn, Japangold, Silberpailletten, Metallperlen; blaues Seidenfutter
  • aus dem Besitz des geistlichen Rates Karl Hoffmann, Gütersloh, Herz-Jesu, Inv.-Nr. T 522

Die Kasel stammt aus dem Besitz des geistlichen Rates Karl Hoffmann (*1909, †1989), der von 1960 bis 1980 Pfarrer in der Herz-Jesu-Kirche in Gütersloh-Awenvedde war. Er hatte die Kasel von seinem 1950 verstorbenen Onkel Hermann Hoffmann erhalten, der sie anlässlich seines vierzigjährigen Priesterjubiläums 1948 hatte anfertigen lassen. Testamentarisch hat Karl Hoffmann die Kasel dem Bistum Ujang Pandang in Indonesien vermacht. Das Erzbistum Paderborn konnte sie 1990 vom Bistum Ujang Pandang für das Diözesanmuseum erwerben.

Das aus schlichter cremefarbener Seide gearbeitete Messgewand in gotisierender Form zeigt auf jeder Seite einen breiten Stab. Auf den Stäben sind in herkömmlicher Feldeinteilung Marienszenen, Engel und die weibliche Personifikation der Ecclesia dargestellt, begleitet von Schriftzügen, die Auszüge aus liturgischen Texten wiedergeben.

Der Entwurf wird der Kölner Bildhauerin Hildegard Domizlaff zugeordnet, die nach dem Zweiten Weltkrieg vermehrt für kirchliche Auftraggeber tätig war und dabei nach eigener Aussage versuchte, alten ikonographischen Traditionen wieder neues Leben zu verleihen.

Ausgeführt wurde die Stickerei von der Kölner Malerin und Bildstickerin Helen Wiehen. Sie kam von der religiösen Monumentalmalerei der 20er-Jahre, bevor sie zur Nadelmalerei überwechselte und in den späten Jahren fast ausschließlich Paramente schuf. In den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts kam das Interesse an einer zeitgemäßen Gestaltung von Paramenten auf. Ein Zentrum der modernen Paramentik war Köln. 1926 entstand unter Ferdinand Nigg (*1865, †1949) die erste und einzige Fachklasse für Paramentik an einer deutschen Kunstgewerbeschule. Zu seinen Schülerinnen gehörte auch die Paderborner Paramentenkünstlerin Edith Ostendorf (Kat.-Nr. 70). Von dieser Bewegung könnte Helen Wiehen den entscheidenden Impuls für die Paramentenstickerei erhalten haben. In ihren Arbeiten schöpfte Wiehen die Möglichkeiten der Nadeltechnik und des textilen Werkstoffs in kreativer Weise aus, indem sie sich über die herkömmlichen Regeln der Stickkunst hinwegsetzte und Nadel und Faden wie Pinsel und Farbe benutzte.

Auf der Rückseite zeigt die Kasel einen in vier Bildfelder unterteilten Stab. Dargestellt sind oben zwei musizierende Engel (LAVDATE DOMINVM DE CAELIS), anschließend die thronende Muttergottes auf der Mondsichel (VIRGA JESSE FLORVIT ALLELVJA), darunter zwei Engel (BENEDICTE DOMINVM OMNES ANGELI EJVS) und ganz unten die thronende Ecclesia mit Kelch und Kreuzstab (LVBILATE DEO OMNIS TERRA). Der Stab der Vorderseite ist in drei Felder mit Szenen aus dem Marienleben ohne Beischriften unterteilt: Verkündigung, Heimsuchung und Darbringung Jesu im Tempel. Darunter zitiert ein Schriftblock den Gesang des Festes Mariä Himmelfahrt: GAVDAMVS OM/NES IN DOMINO DI/EM FESTVM CELE/BRANTES SVB HON/ORE BEATAE MRIAE/VIRGINIS

Fotos: Ansgar Hoffmann

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